Wenn Nachfolge, dann nur zu dritt. Das stand für Thomas Günther, Tino Münzner und Christian Schreiter fest. Im Jahr 2023 übernahmen sie die IMK Engineering GmbH als eingespieltes Team, das sich lange Zeit einen Büroraum teilte und fachlich wie persönlich bestens versteht. Tino Münzner ist seit 2007 in dem Unternehmen tätig, seine beiden Kollegen kamen zwei Jahre später dazu. Kennengelernt hatten sich die Drei erst bei ihrem Arbeitgeber – es war die gemeinsame Leidenschaft für die Ingenieurarbeit, die sie zur IMK brachte und ihre Lebenswege kreuzen ließ. Damals ahnte noch keiner von ihnen, dass sie den Betrieb eines Tages von dem Firmenchef Frank Herrmann abkaufen würden.
die neuen Inhaber und Geschäftsführer der IMK Engineering: Thomas Günther, Christian Schreiter und Tino Münzner (v.l.n.r.)
Heute leiten die drei Herren gemeinsam die Geschäfte der IMK, die aus der WISMUT hervorgegangen ist und sich als Entwickler von Sondermaschinen einen Namen gemacht hat. Von der computergestützten Konzeption bis hin zum Bau von Prototypen in der firmeneigenen Werkshalle bietet die IMK ihren Industriekunden das komplette Service-Portfolio. Die neuen Inhaber haben derweil den Beleg erbracht, dass eine Nachfolge im Team aller Reibungspotenziale zum Trotz harmonisch ablaufen kann – solang man eine gemeinsame Vision verfolgt und das Wohl der Firma über das eigene Ego stellt. Für ihre beispielgebende Übernahme wurde das Trio nun mit dem Sächsischen Meilenstein 2024 in der Kategorie „unternehmensexterne Nachfolge“ ausgezeichnet.
Die personellen Wurzeln der IMK reichen bis in die DDR-Zeiten zurück. Zusammen mit zwei weiteren leitenden Angestellten aus der Entwicklungsabteilung der SDAG Wismut hatte Frank Herrmann das Unternehmen im Oktober 1990 gegründet. Zuletzt führte er den Betrieb allein, womit die IMK stark von ihm als Person abhing. Auch aus diesem Grund machte er sich schon frühzeitig daran, die Übergabe seines unternehmerisches Erbes zu planen. Die erste Gespräche mit seinen Nachfolgern führte er bereits sieben Jahre vor dem offiziellen Eigentümerwechsel. Franca Hess von der IHK Chemnitz begleitete die Übergabe in ihrer Rolle als Referatsleiterin Starthilfe. Sie hält rückblickend fest: „Der Altinhaber Frank Herrmann hat während der sieben Jahre nicht nur als Chef, sondern als Berater in dem Übergabeprozess der Firma IMK fungiert. Letztendlich haben die drei engagierten Mitarbeiter das Unternehmen übernommen und führen es zielstrebig weiter. Ich freue mich, dass alle Beteiligten mit offenen Augen sowie einer guten Portion Selbstvertrauen, Optimismus und Mut eine erfolgreiche Nachfolgeregelung finden konnten.“
der Sächsische Wirtschaftsminister Marti Dulig überreicht den drei Nachfolgern sowie Altinhaber Frank Herrmann (rechts im Bild) den Sächsischen Meilenstein 2024 auf Schloss Albrechtberg Dresden
Die Finanzierung der Übernahme konnte mit Unterstützung der Deutschen Bank erfolgreich umgesetzt werden. Von ihrem Firmenkundenbetreuer erhielten die Nachfolger auch wertvolle Beratung zur Kaufvertragsgestaltung und zu Fördermöglichkeiten. Schließlich übernahmen die drei Ingenieure zum ersten Mal ein Unternehmen und nahmen die Ratschläge der erfahrenen Partner dankbar an. Zu ihrem Unterstützernetzwerk zählen neben der Deutschen Bank und der IHK Chemnitz auch die WTS Wirtschaftstreuhand Sachsen Steuerberatungsgesellschaft mbH.
Die mehrjährige Vorlaufzeit wurde von den angehenden Firmenchefs effektiv genutzt, wie Thomas Günther ausführt: „Durch die frühzeitige Planung und Kommunikation sowohl nach außen gegenüber Kunden, Lieferanten und Institutionen als auch nach innen gegenüber den Mitarbeitenden konnten wir den Strukturwechsel in der Unternehmensführung mit der erforderlichen Zeit und Sorgfalt vorbereiten und schließlich erfolgreich vollziehen.“
In Zeiten, in denen Fachkräfte knapper sind als Aufträge, war es den drei Nachfolgern vor allem auch wichtig, die damals 46 Mitarbeitenden zu halten. Christian Schreiter berichtet: „Wir sind sehr stolz darauf, dass alle Kolleginnen und Kollegen der IMK treu geblieben sind und mit uns gemeinsam in Richtung Zukunft gehen. Der gesamte Geschäftsbetrieb konnte nahezu reibungslos und unterbrechungsfrei fortgeführt werden.“ Der Generationenwechsel war jedoch auch von deutlich sichtbaren Veränderungen begleitet: Im Verlauf des Übergabeprozesses entstand ein neues Firmengebäude, das modernste Arbeitsbedingungen bietet und symbolisch für den Anbruch in eine neue Firmenepoche steht.
der Firmensitz der IHK Engineering in Chemnitz
Die Entscheidung zum Neubau hatten die Nachfolger in spe gemeinsam getroffen. Mit den beschlossenen Investitionen in den Firmensitz bekräftigten sie ihre langfristigen Absichten und bereiten die Grundlage für die Weiterentwicklung des Unternehmens – mit Erfolg: Bereits im ersten Jahr nach der Übernahme konnten sie einen Anstieg der Mitarbeitendenzahl um 10% sowie ein Umsatzwachstum von 20% vorweisen. Damit zeigen sie eindrucksvoll auf, dass sich Ingenieursdenken und Unternehmergeist nicht ausschließen.
Blick in die Fertigungshalle der IMK Engineering
Welche Erkenntnisse nehmen die drei Neuunternehmer aus den vergangenen Jahren mit? Tino Münzner erklärt stellvertretend: „Unserer Erfahrung nach ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge das gegenseitige Vertrauen von Übergeber und Übernehmer, da sich lediglich die Kernpunkte der Nachfolgeregelung vertraglich exakt definieren lassen. Die unzähligen wichtigen Details, welche letztendlich über Erfolg und Misserfolg entscheiden, setzen eine gemeinschaftliche und rücksichtsvolle Zusammenarbeit voraus.“ Gegenseitiges Vertrauen ist auch mit Blick auf die geteilte Geschäftsleitung essentiell. Während Tino Münzner für Personalthemen und Christian Schreiter für die Entwicklungsarbeit zuständig ist, verantwortet Thomas Günther die Bereiche Finanzen und Vertragswesen. Außerdem haben sie die Kundensegmente unter sich aufgeteilt, wobei die Bergbaumaschinen, der allgemeine Maschinenbau sowie die Wehrtechnik die Hauptgeschäftsfelder bilden.
Referenzobjekt: Vorderachse eines von der IMK entwickelten Muldenkippers
Die IMK kann für sich beanspruchen, alle Maschinen bzw. Komponenten inhouse zu entwickeln. Von den heute 50 Angestellten arbeiten allein 35 in der Entwicklung. Neben dem Tagesgeschäft beteiligen sie sich an EU-weiten Forschungsprojekten, etwa zu emissionsfreien, klimaneutralen Antriebskonzepten für mobile Bau- und Bergbaumaschinen. Auch die drei Nachfolger sind im Herzen Ingenieure geblieben und legen Wert darauf, weiterhin am Produkt zu arbeiten. Was aber mindestens genauso wichtig ist: Die Übernahme hat ihrer Freundschaft keinen Abbruch getan, ganz im Gegenteil. Alle drei stehen sich auf persönlicher Ebene nach wie vor sehr nah und unternehmen in ihrer Freizeit gemeinsame Ausflüge mit den Familien.
Bildquelle: BBS Sachsen, IMK Engineering GmbH